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Nanoanalytik und Nanolithographie mit Rastersondenverfahren

Chemical Contrast Imaging: Die Abbildung chemischer Kontraste mit dem Rasterkraftmikroskop

Andreas Pfrang, Matthias Müller, Thomas Schimmel,
Universität Karlsruhe (AP & CFN) und Forschungszentrum Karlsruhe (INT)

Einführung

Rasterkraftmikroskope haben sich von Instrumenten der Grundlagenforschung zu industrietauglichen Oberflächen-Analysegeräten entwickelt. Bei heterogenen Proben wird jedoch häufig neben der Topographie auch eine Kartierung lokaler chemischer Oberflächeneigenschaften benötigt. Dies gelingt mit einem unlängst patentierten Verfahren, das mittlerweile kommerziell verfügbar ist [1] und viele neue Anwendungsgebiete eröffnet.

Messtechnik für die Nanometer-Skala

Um erfolgreiche Forschung und Entwicklung im Bereich der Nanotechnologie zu betreiben, müssen geeignete Messmethoden entwickelt werden, die eine möglichst umfassende Charakterisierung der Eigenschaften von Nanostrukturen erlauben. So ist die Untersuchung von Werkstoffoberflächen und elektronischen Bauelementen auf der Mikrometer- und Nanometerskala von zunehmender technischer Bedeutung. Beispiele dafür sind heterogene Werkstoffe, Oberflächenrauhigkeitsmessungen oder die Untersuchung mikro- und nanostrukturierter Systeme, etwa in der Halbleiterindustrie. Dabei gilt es, nicht nur die dreidimensionale Oberflächenstruktur mit hoher Auflösung abzubilden, sondern auch lokale Materialeigenschaften zu untersuchen sowie Materialinhomogenitäten
und chemische Kontraste ortsaufgelöst zu erkennen.

Konventionelle Untersuchungsverfahren stoßen dabei zunehmend an ihre Grenzen. Hier erlauben es die Rastersondenverfahren, Materialien mit einer räumlichen Auflösung bis hinab in den atomaren Bereich zu untersuchen [1-5]. Bei der Rasterkraftmikroskopie (Atomic Force Microscopy, AFM) wird die Oberfl äche nach dem Prinzip eines ultrafeinen Profi lometers mit einer idealerweise atomar feinen Spitze Zeile für Zeile abgetastet (Bild 1). Der mikroskopische Balken (Cantilever), der die Spitze trägt, wird dadurch leicht ausgelenkt. Seine verspiegelte Rückseite wird mit einem fokussierten Laserstrahl beleuchtet, dessen Reflexion z.B. ein Quadrantendetektor erfasst. Höhenunterschiede auf der Oberfläche rufen somit über Verbiegung des Cantilevers Auslenkungen des Lichtflecks auf dem Detektor hervor. Doch nicht nur die Probentopographie kann so erfasst werden. Vielmehr bietet die Kombination der rein topographischen Rasterkraftmikroskopie mit unterschiedlichen zusätzlichen AFM-basierten Messmethoden wie etwa der Elastizitätsmikroskopie, der Adhäsions- und der Reibungsmikroskopie in einem Messgerät zugleich die Möglichkeit, simultan unterschiedliche Informationen über die Probenoberfläche mit Auflösungen im Nanometer-Bereich zu erfassen. Neben der Topographie können so Struktur und Aufbau heterogener Materialien wie z.B. Polymergemische und Komposit-Werkstoffe untersucht werden. Wir zeigen im Folgenden, wie mit einem neuartigen Verfahren chemische Reaktionen in situ und in Echtzeit verfolgt und geringste chemische Veränderungen an Werkstoffoberflächen ortsaufgelöst nachgewiesen werden können.

Bild 1: Funktionsprinzip eines Rasterkraftmikroskops

Verfahren zur Abbildung mit chemischem Kontrast

Das neu entwickelte und zum Patent angemeldete Verfahren des Chemical Contrast Imaging [6] nutzt eine hochfrequente Oszillation von Spitze und Probe relativ zu einander mit oft nur wenigen Atomdurchmessern Amplitude, um kleinste Variationen in der Spitze-Probe- Wechselwirkung nachzuweisen und damit feinste Unterschiede in der Oberflächenbeschaffenheit mit Ortsauflösung im Nanometerbereich abzubilden. Selbst
wenn nur ein Bruchteil der obersten Atomlage lokal chemisch modifiziert ist, lassen sich solche ortsabhängigen Variationen meist mühelos nachweisen.

Simultan werden dabei zwei Bilder aufgenommen: (i) das Bild der dreidimensionalen Oberflächentopographie und (ii) das Bild des chemischen Kontrasts. Topographischen Strukturen können so unmittelbar Variationen in der Oberflächenzusammensetzung und den Oberflächeneigenschaften zugeordnet werden.

Aus der langen Liste möglicher Anwendungsgebiete seien hier nur wenige Beispiele aufgezählt:

Anwendungsbeispiel: Kohlenstoff-Inseln auf Silizium

Kohlenstoffschichten spielen technisch eine große Rolle als chemisch inerte und mechanisch stabile Schutzschichten, aber auch als Gleit- und Schmierschichten. Die Untersuchung der Wachstumsprozesse, der Homogenität und Qualität sowie der lokalen Eigenschaften solcher ultradünner Kohlenstoffschichten ist von großer Bedeutung für deren technische Anwendung, etwa in der Mikrotechnik.

Bild 2 zeigt die Abscheidung ultradünner Kohlenstoffschichten mit Dicken im Nanometerbereich auf einem Siliziumwafer. Die Abscheidung erfolgte aus einem kohlenstoffhaltigen Gas (Methan) bei ca. 1100 °C. Die Bildsequenz zeigt unterschiedliche Stadien der Abscheidung mit von (a) bis (f) zunehmendem Bedeckungsgrad der Siliziumoberfläche durch die Kohlenstoff-Inseln. Diese sind in den Chemical-Contrast-Imaging-Bildern leicht als dunkle Inseln auf dem hell abgebildeten Silizium-Substrat zu erkennen. Während im ersten Bild (a) die weitgehend freie Siliziumwafer-Oberfläche mit ersten einzelnen, sehr kleinen Kohlenstoff-Inseln (Durchmesser 10 bis 35 nm) zu sehen ist, fi nden sich im zweiten und dritten Bild (b, c) bereits zahlreiche Kohlenstoff-Inseln mit Durchmessern von 30 bis 80 nm. Mit steigendem Bedeckungsgrad (d, e) finden sich zunehmend Aggregate solcher Inseln mit Gesamt-Durchmessern bis 180 nm. Im Bild (e) ist die Silizium-Oberfläche bereits in erheblichem Maße, im Bild (f) vollständig mit Kohlenstoff bedeckt. Die Unterscheidung zwischen der Silizium-Oberfläche und der Kohlenstoffschicht erfolgte im Rasterkraftmikroskop mit Hilfe des neuen
Modus des Chemical Contrast Imaging, der eine klare Kontrastierung zwischen der Kohlenstoffschicht (dunkel) und dem Silizium (hell) erlaubt, selbst wenn die Dicke der Oberflächenschicht nur eine oder wenige Atomlagen beträgt und keine aussagekräftigen, korrelierenden Topografie-Details zu messen sind.

Bild 2: Wachsende Kohlenstoffschicht (dunkel) auf Silizium (hell), kontrastiert mit dem Verfahren des Chemical Contrast Imaging.

Fazit

Das Chemical Contrast Imaging stellt eine entscheidende Ergänzung der konventionellen AFM-Messmethoden dar, die eine Materialkontrastierung sowie kleinste chemische Oberflächenveränderungen durch physikalische und chemische Oberflächenprozesse erkennen lässt – Veränderungen, die mit konventionellen Methoden unsichtbar bleiben.

Danksagung

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die fi nanzielle Förderung der hier vorgestellten Arbeiten.

Literaturhinweise

  1. siehe www.breitmeier.de
  2. G. Binnig, C.F. Quate, C. Gerber, Atomic Force Microscope, Phys. Rev. Lett. 56 (1986) 930
  3. R. Kemnitzer, Th. Koch, J. Küppers, M. Lux-Steiner, Th. Schimmel, Atomic-Scale Processes of Tribomechanical Etching Studied by Atomic Force Microscopy, Invited Article in: B. Bhushan (ed.), Fundamentals of Tribology and Bridging the Gap between Macro- and Micro/Nanoscale Tribology, NATO-ASI Series, Kluwer, Dordrecht, 2001, p. 495-502
  4. H. Gliemann, Y. Mei, M. Ballauff, Th. Schimmel, Adhesion of Spherical Polyelectrolyte Brushes on Mica: An in Situ AFM Investigation, Langmuir 22, 7254-7259 (2006)
  5. H. Gliemann, A.T. Almeida, D.F.S. Petri, Th. Schimmel, Nanostructure formation in polymer thin fi lms influenced by humidity, Surf. Interface Anal. 39, 1-8 (2007)
  6. M. Müller, Th. Schimmel, Method and device for determining material properties, PCT Patentanmeldung WO2006/097800 (2006)